Meditatives Bogenschießen und angewandte Achtsamkeit nach HAKOMI® *
"Ent-Spannung" des Körpers durch Spannen des Bogens und Loslassen des Pfeils.
HAKOMI®- Bogenschießen bietet eine optimale Möglichkeit, Bogen und Pfeil zu nutzen, um das eigene System zu entspannen. Es ist Ausgleich zum stressigen und fordernden Arbeitsalltag. Es hilft, den Geist zu entrümpeln, Ängste zu befrieden und die Konzentration auf das Wesentliche zu steigern.
"Loslassen" als angewandte Körpererfahrung.
Es hilft, Handlungsmuster und (Über-)Lebensstrategien aufzudecken und gegebenenfalls zu verändern. Erfahre Deine Körper-Geist-Einheit in der Vergegenwärtigung des Augenblicks.
* Die Hakomi-Methode ist von der European Association of Psychotherapy (EAP) als wissenschaftlich begründetes Verfahren und als Ausbildungsgrundlage für das European Certificate of Psychotherapy (ECP) anerkannt. In Österreich zählt Hakomi derzeit leider nicht zu den anerkannten Methoden.
Grenzerfahrung am HAKOMI® - Bogen
Was mich bewegt, wenn ich mit Bogen und Pfeil in Achtsamkeit und voller Bewusstheit übe. Es sind die einzelnen Objekte an sich und der Prozess des Schießens, die mich faszinieren.
Ich als Mensch, der Bogen, der Pfeil und das Ziel. Jedes Objekt für sich wahrgenommen als eigenständige, benannte Materie, entstanden nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung und mit dessen Begrenztheit und Nutzlosigkeit, wenn es nicht zur Anwendung kommt und somit einen Nutzen schafft. Vielfältig können die Bezeichnungen der Einzelobjekte sein, wenn sie zusammengefügt werden. Als Bogen und Pfeil – werden sie eine Waffe, ein Sportgerät, eine Zimmerdekoration oder nur Brennholz. Verbindet sich dieses Paar nun mit dem Menschen, kann ein Bogenschütze entstehen genauso wie ein Lagerfeuer an dem man sich wärmen kann. Vielfältiger und individueller Art sind die Anwendungsarten der Objekte. Man könnte sagen, dass alle Objekte frei von Eigenexistenz sind und nur von der subjektiven Betrachtung und deren augenblicklicher Nutzung definiert sind.
So ist die Handlung und die Absicht bzw. die Motivation, mit der der Handelnde die Objekte benutzt, ausschlaggebend für deren Wirkung. Was will ein Bogenschütze mit einer Waffe erreichen? Will er jagen, angreifen, töten, sich wehren? Will er einfach seine überschüssige, angestaute und vielleicht aggressive Energie von Innen nach Außen transportieren, um hierdurch seinen Ärger und vorhandene Aggression abzubauen und aus seinem System zu befördern? Nutzt er Bogen und Pfeil, um sich zu beruhigen und auf achtsame Weise zu befrieden?
Wie will ich mein Ziel erreichen? Will ich zielen um punktgenau den Erfolg messen zu können? oder will ich mich dem ganzen Prozess hingeben und jeden Augenblick durchleben? Oder will ich jeden Augenblick bewusst erleben, Grenzen spüren und die Übergänge erfahren!
So will ich meinen Prozess beschreiben:
Es beginnt damit, dass ich erkenne, dass es Zeit ist zu handeln. Allen geistigen Hindernissen trotzend, erkenne ich meinen zu engen, begrenzten Alltagskäfig und ich verspüre den Drang mich zu
öffnen, um meiner eigenen, inneren Begrenztheit mehr Raum zu geben. Wenn ich davon ausgehe, dass Jeder/Jedes mit Allem verbunden ist, dann bin auch ich kein autarkes, abgegrenztes Wesen, sondern verbunden mit der Erde – dem Universum – allen Gegenständen, allen Lebewesen und weiteren
Wesenheiten, die vielleicht nicht in meiner Sinneswahrnehmung sind. Ich bin eingebunden in das Netzwerk „Schöpfung“!
Wenn ich den Bogen in meine linke Hand nehme, sein glattes aber nicht rutschiges Holz in meiner Handfläche spüre, fühle ich mich verbunden mit dem Element Holz. Ich kann spüren, wie sein Holz noch Baum war. Wie Sturm und Wetter ihn bogen und er tief verwurzelt in der Erde allen Kräften der Natur standhielt. Wie auch immer sein Holz zum Bogen wurde, sein Ursprung ist energetisch spürbar und die Kraft und Ausdauer blieben erhalten.
Ebenso die Sehne. Ist sie pflanzlichen oder tierischen Ursprungs? Ich kann die Spannkraft der verdrillten Schnüre spüren,
wenn ich den gekrümmten Bogen betrachte, dessen Enden die Sehne begrenzend fixieren und somit spannen.
Ich verbinde bewusst die Energien von Bogen, Sehne und mir und verschmelze zur begrenzten Einheit „Bogenschütze“.
Wenn ich als Bogenschütze meine rechte Hand zum Köcher führe und einen Pfeil auswähle, nehme ich sowohl die Federn eines Vogels, den Schaft aus Holz, die Spitze aus Metall bewusst wahr und stelle fest, wie vielfältig sich das Objekt Pfeil zusammensetzt. Was es wohl für ein Vogel bzw. was es für ein Baum war? Was es für ein Metall oder welche Legierung es ist. Wo lebte der Vogel, wo stand der Baum? Wo wurde das Metall verarbeitet und durch wen legiert? Ganze Existenzen bedingen den Pfeil in der jetzigen Ausprägung. Entscheidend sind diese Fragen jedoch nicht mehr, wenn ich den Augenblick betrachte, indem ich den Pfeil aus dem Köcher ziehe und das „Pling“ höre, wenn sich Sehne und Nocke vereinen. Ich fühle mich energetisch vollkommen ausgerüstet mit Bogen und eingelegtem Pfeil. Ich stehe aufrecht mit gesenkter Bogenhand und fühle mich doch hilflos und leer.
In diesem Augenblick frage ich mich, was ich erreichen und erfahren will. Die reine Erkenntnis, dass ich im Besitz aller Gegenstände bin und vollausgerüstet in Position stehe wäre völlig wertlos, wenn da nicht meine Absicht wäre, einen Schuß abgeben zu wollen. Die Frage, was ich mit genau diesem Schuss bewirken mag, will augenblicklich beantwortet werden, wohlwissend, dass diese Antwort und das Resultat nur eine einmalige Gültigkeit haben werden.
Ich entscheide mich für einen ziellosen, unfixierten Schuss gen Himmel und ich will die ganze Flugbahn miterleben und erfahren. Ich merke, dass mich diese Entscheidung berührt und ich versuche meine Konzentration zu steigern und alle Erwartungen an den Ablauf zu verdrängen. Ich mache mir den Erdboden unter meinen Füßen bewusst und stelle mir vor, dass die ehemaligen Wurzeln des Bogenbaums sich darin verankern und mir festen Halt geben. Der Energie von Mutter Erde erlaube ich, in mir aufzusteigen um mich körperlich aufzurichten aber auch Aufrichtigkeit in mir zu nähren. Ich genieße den Moment des Ankommens und des Verweilens und mein innerliches „Danke“ bringt diesen Moment der Verbundenheit zum Ausdruck.
Mein innerer Blick hebt sich ebenso wie die linke Bogenhand und mein äußerer Blick nimmt Bogen, Sehne und eingelegten Pfeil wahr. Mein linker Arm ist fast gestreckt und er weist waagrecht zum Horizont. Meine rechte Hand nähert sich der Nocke, meine rechte Schulter dreht sich leicht Richtung Bogen mit und 3 Finger berühren - die Nocke umschließend - die Sehne. Ich spüre, wie ich kurz verweile und den Moment der Berührung als Verschmelzung und als letzten Moment von Entspanntheit wahrnehme. Ich atme völlig aus und verbinde und verwurzle mich mit Mutter Erde. Mit dem Einatmen spanne ich den Bogen gemäß meiner möglichen Spannweite und hebe die Pfeilspitze Richtung Himmel indem sich mein Oberkörper nach hinten neigt. Es ist als ob sich der Boden und die irdische Begrenztheit in Luft auflösen. Der Horizont ist aus meinem Blick verschwunden und ich sehe nur noch weiße Wolken am Himmel, denen ich meinen Pfeil entgegenschicken will. Die Entscheidung des Loslassens fällt, indem sich meine Fingerkuppen von der Sehne lösen und mit meinem scharfen Ausatmen werde ich zum Pfeil und kann die schneidende Luft an meiner Spitze fühlen. Ich spüre wie sich mein Schaft immer wieder krümmt und meine Federn meine Flugbahn bestimmen. Ich steige so kraftvoll, schier unendlich in die Höhe, dass mir fast schwindelig wird und kein Gedanke an den Boden hat in meinem Bewusstsein Platz. Erst allmählich verlangsamt sich mein Steigflug und die schwindende Schubkraft macht einer gewissen Leichtigkeit und Schwerelosigkeit Platz. Ich fiebere dem höchsten Punkt entgegen, an dem sich mein Gewicht auflöst und ich von allen Lasten befreit, frei schwebend sein darf. Dieser Genuss ist zwar kurz - aber in dem Moment einzigartig und sehr befreiend.
Realisierend, dass sich meine Spitze wieder der Erde zuneigt und ein unaufhörlicher Niedergang beginnt, genieße ich die ruhigere Phase des Fluges und betrachte was sich mir nähert. Ich sehe die Schönheit und Vollkommenheit der Natur und stelle fest, dass alles seinen Platz hat. Alles darf sein und nichts ist falsch oder richtig. Nichts existiert absolut, denn andere Erfahrungen führen zu anderen Wahrnehmungen. So drängt sich der Rückschluss auf, dass alle Objekte nur subjektive Erscheinungsformen sind, die völlig individuell interpretiert werden.
Der Verlauf des Pfeilflugs gleicht meinem Leben und meine Erfahrungen haben mich veranlasst die Welt bewusster wahrzunehmen.
Vorwärts drängend - kraftvolles Handeln - wenig Zeit für Wesentliches – gar nicht wissend, was wesentlich ist – bisher glücksuchend im Materiellen – zukünftig glückfindend im Spirituellen. Dies
dürfte der schwierigste Teil meines Weges sein, denn es erfordert viel Mut, Geduld und Vertrauen „Altes“ aufzugeben und neu zu beginnen.
„Loslassen“ wie den Pfeil, der sich vom Bogen trennt, um sich energetisch am Ende seiner Flugbahn
zu erschöpfen - aber um wirkungsvoll aufs Neue ursächlich zu sein.
Aus der Ferne höre ich das Kommando „Pfeile holen!“
© by Klaus Kirchlechner